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07.10.2025

Fraunhofer ISI-Studie: Rahmenbedingungen erschweren nachhaltige Transformation der energieintensiven Ernährungsindustrie

Neue Analyse zeigt Handlungsbedarf bei Strompreisen, Netzausbau und regulatorischen Anreizen, um Klimaziele der Branche zu erreichen und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. – Die Transformation der Ernährungsindustrie, die für knapp 10 Prozent der industriellen Energienutzung verantwortlich ist, droht zu scheitern. Zu diesem Ergebnis kommt die am 7. Oktober veröffentlichte Studie „FlexErnährungsindustrie” des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI. Die Untersuchung, die im Auftrag des Verbands der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS und des OVID Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie und unter Beteiligung der Verbändeallianz Energieintensive Ernährungsindustrie erstellt wurde, legt drei zentrale Bremsklötze der Energiewende offen: zu hohe Stromkosten, ein zu langsamer Netzausbau und mangelnde langfristige Investitionssicherheit.

Die Studie analysiert die Hemmnisse beispielhaft für die Ölsaatenverarbeitung und Stärkeproduktion:


Die Kostenfalle: Klimafreundlicher Strom ist unwirtschaftlich. Elektrische Prozesswärme ist aktuell zwischen 56 und 80 Prozent teurer als die Nutzung von Erdgas in KWK-Kraftwerken. Diese erhebliche Kostenlücke macht Investitionen in grüne Technologien wie Wärmepumpen unrentabel.

Der Investitionsstau: Warten auf den Anschluss. Unternehmen, die ihre Produktion elektrifizieren wollen, benötigen eine bis zu fünffach höhere Anschlussleistung. Die Realität sind jedoch Wartezeiten von mehreren Jahren, in Extremfällen bis zu 15 Jahren, auf einen leistungsfähigen Netzanschluss. 

Fehlende Sicherheit lähmt Investitionen: Ein instabiler energiepolitischer Rahmen und ein komplexer Dschungel aus Regulierungen verhindern langfristige Planungssicherheit. Dies untergräbt die Basis für verlässliche Geschäftsmodelle und lähmt Investitionen, die für die Transformation der Energieversorgung unerlässlich sind.

Michael Haendel, Studienleiter Fraunhofer ISI fasst die wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammen: „Unsere Analyse zeigt eine signifikante Lücke zwischen den politischen Zielen zur Dekarbonisierung und der wirtschaftlichen Realität. Die Daten belegen, dass die aktuellen Rahmenbedingungen die Transformation der Ernährungsindustrie nicht nur verlangsamen, sondern erschweren. Ohne grundlegende Reformen bei Strompreis, Netzausbau und Anreizstrukturen werden die notwendigen privaten Investitionen in klimafreundliche Prozesse ausbleiben.“

Angesichts der Ergebnisse fordern die Branchenverbände: Die Energiepolitik heute und in Zukunft braucht Wirklichkeitsnähe, Technologieoffenheit, Wettbewerbsfähigkeit sowie Planbarkeit.

Jaana Kleinschmit von Lengefeld, OVID-Präsidentin: „Die Zahlen zeigen Schwarz auf Weiß: Energiekosten, Bürokratie und Netz-Infrastrukturlücken behindern massiv unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit und Klimaziele! Die Regierung muss jetzt handeln: Ein Industriestrompreis, praxistaugliche Netzentgelte und eine Nachfolgeregelung für den Spitzenausgleich Gas sind unabdingbar, um die Lebensmittelproduktion Made in Germany langfristig zu sichern.” 

Julia Laudenbach, Vorständin im VGMS ergänzt: „Und es braucht mehr Vernunft. Die Studie zeigt klar: Nicht alles, was technisch machbar scheint, ist wirtschaftlich umsetzbar – manches sogar faktisch unmöglich. Die Stärkewirtschaft etwa belegt, wie effizient die energieintensive Ernährungsindustrie bereits arbeitet. Energieeffizienz treibt uns täglich an! Gerade die Kraft-Wärme-Kopplung mit 92 bis 95 Prozent Wirkungsgrad ist nach wie vor das Maß der Dinge – und wird es auf absehbare Zeit bleiben. Unser Petitum: Die Ernährungsindustrie muss mitgedacht werden, wenn es um die Energiewende geht! Wir versorgen Deutschland mit Lebensmitteln - sorgen Sie mit dafür, dass das auch morgen noch der Fall ist!“ 

Hintergrund der Studie

Die Studie Flexibilisierung elektrifizierter Industrieprozesse in der Ernährungsindustrie am Beispiel der Ölsaatenverarbeitung und Stärkeproduktion („FlexErnährungsindustrie“) wurde vom Fraunhofer-Institut ISI im Auftrag von VGMS und OVID und unter dem Dach der Verbändeallianz Energieintensive Ernährungsindustrie erarbeitet. Sie beleuchtet erstmals systematisch das Potenzial und die ökonomischen Voraussetzungen für die Flexibilisierung elektrifizierter Prozesse in der Lebensmittelindustrie. Sie ergänzt wissenschaftlich die Untersuchung „Flexibilisierung elektrifizierter Industrieprozesse“ aus 2024, die mit Finanzierung durch das Bundeswirtschaftsministerium im Auftrag des Kompetenzzentrums Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI) erstellt wurde.

Über die Allianz Energieintensive Ernährungsindustrie

Die Allianz ist ein Zusammenschluss von zwölf Verbänden der deutschen Ernährungsindustrie, die besonders energieintensive Produktionsprozesse aufweisen und für die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln stehen. Dazu gehören:

  • Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e. V. (BDSI)
  • Bundesverband spezielle Lebensmittel (DIÄTVERBAND) e. V.
  • Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie e. V. (BVE)
  • Deutscher Brauer-Bund e. V.
  • Deutscher Mälzerbund e. V. (dmb)
  • Deutscher Verband der Hefeindustrie e. V.
  • Milchindustrie-Verband e. V. (MIV)
  • OVID Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e. V.
  • Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie e. V. (VdF)
  • Verband Deutscher Großbäckereien e. V.
  • Verband der Getreide-Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS e. V.
  • Verein der Zuckerindustrie e. V. (VdZ)


Zum Download:
Pressemitteilung Energieintensive Ernährungsindustrie
Studie FlexErnährungsindustrie
Pressefoto - Übergabe der Studie im Bundestag - v.l.n.r.: Jaana Kleinschmit von Lengefeld (OVID), Michael Haendel (Fraunhofer ISI), Julia Laudenbach (VGMS), Fabian Gramling (MdB) © OVID)